2023 – Gartentipp 5 – Zeit für den Rebschnitt

2023 – Gartentipp 5 – Zeit für den Rebschnitt

Zieht sich der Winter draußen langsam zurück, träumen Weinstockbesitzer schon von saftigen, süßen Trauben, die wie im Schlaraffenland an kräftigen grünen Trieben hängen. Damit dies Wirklichkeit wird, geben die Fachleute der Bayerischen Gartenakademie Tipps zum Rückschnitt von Tafeltrauben.

Aufgrund der vielen positiven Eigenschaften von Frucht, Kernen und Blättern wurde die Weinrebe zur Heilpflanze des Jahres 2023 gekürt. Durch den regelmäßigen Rückschnitt im Winter bleibt die Vitalität der Pflanze erhalten, damit man viele Jahre Freude an ihr hat.

Wuchseigenschaften des Rebstocks

Der Weinstock legt alles darauf an möglichst schnell lange Triebe zu bilden. Die am höchsten stehenden Triebe und Knospen werden bevorzugt versorgt. Bei einer fünf Meter hochwachsenden Weinrebe würden im oberen Bereich kräftige Triebe mit großen Früchten entstehen – im unteren Teil des Stockes hingegen nur kümmerliche Trauben. Deshalb benötigt der Weinstock einen jährlichen Schnitt, auch schon bei jungen Pflanzen. Ein rechtzeitiger und maßvoller Stockaufbau erleichtert künftige Schnitt- und weitere Pflegemaßnahmen.

Einjährigen Fruchtruten, die im letzten Vegetationsjahr gewachsen sind, besitzen eine hellbraune Farbe. Sie haben eine normale Länge von etwa 1,20 Metern und weisen idealerweise eine Stärke mit einem Durchmesser von sechs bis zehn Millimetern auf (ähnlich einer Kugelschreiberdicke). Optimales Holz ist gleichmäßig durchgefärbt, knistert etwas beim Biegen und beim Anschneiden kann man eine kleine Markröhre sehen. Betrachtet man dieses einjährige Holz, die Fruchtruten, genauer, sind im Abstand von etwa zehn Zentimetern die Knospen, die sog. Augen zu erkennen. In ihnen sind die Blüten bereits unsichtbar angelegt und somit der Ertrag des nächsten Spätsommers und Herbstes.

Der Griff zur Schere

Einer Legende nach erfand ein Esel, der an den Reben gefressen hatte, den Rückschnitt der Reben. Denn aus den übrig gebliebenen kurzen Stummeln entwickelten sich kräftige Triebe mit großen Früchten. Der Rebschnitt im Winter ist daher die Voraussetzung für eine gute Ernte in bester Qualität.

Grundsätzlich werden jährlich über 90 Prozent des einjährigen Holzes mit den vorhandenen Augen weggeschnitten. Der Schnitt mit der Schere bedeutet einen großen Eingriff für die Pflanze, die sich jedes Jahr wieder neu aufbauen muss. Doch so bleiben Vitalität und Wüchsigkeit erhalten und fördert ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Wachstum und Fruchtbarkeit. Vor dem Schnitt, meist ab Ende Januar bis spätestens März, betrachtet man seinen Rebstock genau. Hausrebstöcke sind meist als Spalier mit einem langen oder zwei kürzeren Seitenästen als sog. Kordon gezogen. Die aus den Seitenästen nach oben gewachsenen Ruten werden auf Zapfen mit ein bis zwei Knospen zurückgeschnitten. Schließlich wachsen aus den verbleibenden Augen ein bis zwei kräftige Fruchttriebe. Entstehen zwei, dann wird der Schwächere der beiden bereits bei einer Trieblänge von acht bis zwölf Zentimeter weggebrochen. Diese Fruchtruten entwickeln dann meist zwei große Fruchttrauben. Um zu gewährleisten, dass die Ruten und Früchte später genug Licht, Luft, Sonne und Wärme bekommen, sollte der Abstand zwischen den Zapfen auf einem Kordonarm etwa 20 Zentimeter betragen, was etwa der Länge einer Rebschere entspricht.

Setzt der Saftstrom ein, kann es sein, dass die Rebe an der Schnittstelle kurz „blutet“. Das „Bluten“ schadet den Stöcken in der Regel jedoch nicht. Vorhandene Pilzsporen könnten sogar weggespült werden. Schneiden Sie an Neumond, „blutet“ die Pflanze weniger als an Tagen um Vollmond. Schneiden Sie, wie auch bei anderen Gehölzen, nicht bei Temperaturen unter minus fünf Grad Celsius.

Keine Angst vor einem intensiven Rebschnitt, denn meist wird zu zaghaft eingegriffen. Es liegt in der Natur der Pflanze wieder auszutreiben und kräftig zu wachsen. Selbst ein alter, über Jahre ungeschnittener Rebstock kann durch einen starken Rückschnitt wieder vital und fruchtbar werden. Einzig wirklicher Fehler ist es, den Stock unterhalb der Veredlungsstelle zu schneiden

Weiteres Wissenswertes zum Rebstock

Weitere Informationen zu Tafeltrauben finden Sie in den Infoschriften der Bayerischen Gartenakademie. Hier erfahren Sie alles zur Pflanzung und Pflege. https://www.lwg.bayern.de/gartenakademie/gartendokumente/infoschriften/156610/index.php

 

(Bilder:  Verschiedene Autoren © Bayerische Gartenakademie an der LWG Veitshöchheim)

Wenn Sie weitere Fragen haben, wenden Sie sich an das Gartentelefon (0931/9801-3333) oder schreiben Sie eine E-Mail an bay.gartenakademie@lwg.bayern.de

Bilder und Text: © Bayerische Gartenakademie an der LWG Veitshöchheim, mit freundlicher Genehmigung

2023 – Gartentipp 4 – Gehölze im winterlichen Garten – Winterschlaf und erstes Erwachen

2023 – Gartentipp 4 – Gehölze im winterlichen Garten – Winterschlaf und erstes Erwachen

Ein Garten im Winter ist keinesfalls leblos und unattraktiv. Jetzt zeigen sich die versteckten Schönheiten unserer Gehölze: markante Rindenstrukturen und individuelle Ausprägung der Knospen. „Es überrascht, dass einige Gehölze bereits ihren Blütenschmuck zeigen“, freuen sich die Fachleute der Bayerischen Gartenakademie.

Bei einem Rundgang durch den Garten oder einen Park können Sie nun das erste Erwachen der Natur erleben. Bei milden Temperaturen suchen erste Bienen und Hummeln nach Nahrung.

Knospen und Rinde im Winter

Immer dicker werden die Knospen an Gehölzen, die noch im Winter oder Frühling blühen. Bei manchen lässt sich die Blüte schon erahnen. Knospen sind keineswegs einheitlich. Bei genauerem Hinsehen besitzt oft jede Pflanzengattung eine andere typische Form und Eigenart: kugelig, länglich, spitz, klebrig, schuppig, pelzig. In der laub- und blütenlosen Zeit lässt sich ein Gehölz oft über die Knospen bestimmen.

Fehlt das üppige Grün im Garten fallen farbige Rinden der Gehölze auf. Verschiedene Hartriegel präsentieren besonders an den einjährigen Trieben ihre Farbenpracht: Cornus alba ‘Spaethii‘ (dunkelrot), Cornus alba ‘Sibirica‘ (korallenrot), Cornus sanguinea ‘Winter Flame‘ (rötlich bis gelborange), Cornus stolonifera ‘Flaviramea‘ (hellgelbgrün). Strahlend weiße Rinde besitzt die Himalaya-Birke (Betula utilis) und wird damit ebenso zum Hingucker wie spezielle gefärbte Fächerahorne und die mahagonifarbene Rinde mit Korkleisten von Zier- und Tafelkirschen.

Winter-Blüten

Bei milden Temperaturen und Sonne summt und brummt es im Garten oft schon im Januar und Februar. Einige Gehölze zeigen ihre Blüten und locken Insekten an. Hummeln und sogar Honigbienen besuchen die gelben Blüten von Kornelkirsche (Cornus mas), die weißen bis zartrosa farbenen Blüten der Winter- oder Schneekirsche (Prunus subhirtella ’Autumnalis‘) und weißen Blüten der Winter-Duft-Heckenkirsche (Lonicera purpusii). Letztere riechen intensiv fruchtig und zitronig. Der recht kompakt wachsende Strauch besticht mit seiner üppigen Blütenfülle und dem betörenden, intensiv und zitronigen Duft. Leider findet man ihn recht selten in den Gärten. Eine weitere Besonderheit ist die Chinesische Winterblüte (Chimonanthus praecox), deren cremeweiße bis hellgelben Blüten ebenfalls stark duften.

Beim Duftschneeball (Viburnum farreri) erscheinen die einzelnen Blüten der nur wenige Zentimeter langen Blütenrispen im Knospenzustand erst rosa und werden dann beim Aufblühen weiß. Leider sind die Blüten durch Nachtfröste gefährdet. Deshalb ist es sinnvoll, den Duftschneeball an einem geschützten Standort zu pflanzen. Farbintensiver und größer sind die Blüten des Winterschneeballs Viburnum bodnantense ‘Dawn‘. Seine Blüten vertragen Fröste besser.

„Wintergehölze“ hautnah

Möchten Sie die Gehölze live erleben? Nutzen Sie die Möglichkeit einer Führung an der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau in Veitshöchheim. Bei dem Rundgang über das Gelände der LWG in Veitshöchheim lassen sich die Gehölze ganz ohne Blätterkleid in ihrer vollen Schönheit entdecken. Oft sind es kleinere Sträucher, die sich sehr gut für den eigenen Garten eignen und damit in der dunklen Jahreszeit für Stimmungsaufhellung sorgen. Die Gartenexpertin gibt viele praktische Hinweise.

„Winterschlaf und erstes Erwachen – Rinde, Knospen und Blüten von Gehölzen im Winter“ ist der Titel der öffentlichen Führung am 3. Februar 2023 um 15 Uhr. Sie dauert ca. 1,5 Stunden und kostet 5 € pro Person. Das Entgelt wird vor Ort vom fachkundigen Gästeführer entgegengenommen. Da die Gruppengröße auf 25 Teilnehmer beschränkt ist, bitten wir um eine verbindliche Anmeldung. Ohne vorherige Anmeldung kann keine Teilnahme garantiert werden. Weitere Informationen zur Führung und zur Anmeldung finden Sie unter: https://www.lwg.bayern.de/fuehrungen

 

(Bilder:  Verschiedene Autoren © Bayerische Gartenakademie an der LWG Veitshöchheim)

Wenn Sie weitere Fragen haben, wenden Sie sich an das Gartentelefon (0931/9801-3333) oder schreiben Sie eine E-Mail an bay.gartenakademie@lwg.bayern.de

Bilder und Text: © Bayerische Gartenakademie an der LWG Veitshöchheim, mit freundlicher Genehmigung

Cox Orange

Cox Orange

Es gibt sicherlich genügend Menschen, die von alten Apfelsorten herzlich wenig halten. Dies kann geschmackliche oder andere Gründe haben. Bei der Cox‘ Orangerenette werden jedoch selbst unter dieser Gruppe die meisten gezwungen sein, von einem erlesenen Tafelapfel sprechen zu müssen, ist er doch unmittelbarer Vorfahre bekannter Züchtungen wie z.B. Gala, Elstar, Pinova oder Rubinette.
Doch der Reihe nach: Der Apfel Ribston Pepping gehört zu den Goldrenetten. Vermutlich aus dem Kern einer solchen Frucht zog ein gewisser Richard Cox bei London ein neues Bäumchen, und zwar 1825 in Colnbrook-Lawn. 1850 wurde der Tafelapfel eingeführt – eine absolute Weltspitzensorte, die noch heute für englische Lebensart steht wie gewisse andere Produkte für die Bayern.
Die Goldparmäne schmeckt ähnlich, aber nussiger, und wird manchmal mit Cox Orange verwechselt.
Wer schon einmal versucht hat, oben genannte Ladenäpfel in seinem Garten oder gar in einer Streuobstwiese anzubauen, wird meist auf Schwierigkeiten gestoßen sein. Kein Wunder, denn Cox Orange hat seinen Nachfahren aus dem Intensivobstanbau nicht nur hervorragende Geschmackseigenschaften vererbt: Der Baum stellt hohe Ansprüche an Boden, Klima und Lage. Zur Anfälligkeit gegen Schädlinge, Schorf, Stippe, Mehltau und Krebs gesellt sich die Notwendigkeit ordentlicher Pflege, wozu z.B. das Ausdünnen der Früchte gehört, die sich mit minderer Qualität auch dann bilden können, wenn es mit der Bestäubung nicht geklappt hat.
Als Hochstamm wird die Sorte in der Literatur wegen dieser Eigenschaften nicht empfohlen, auch nicht in Streuobstwiesen. Dem gegenüber kann sie in Gärten gut gedeihen, wie es z.B. ein stattlicher Baum in Heroldingen beweist. Auch steht nahe der Schule in Harburg am üblichen Maibaumstandort ein Cox-Orange-Baum. Vermutlich ist dort bei stellenweise frostgeschützter Lage der Boden ausreichend feucht und humusreich.
Das Geschmackserlebnis ist jedenfalls allen zu gönnen, die diese Zeilen lesen.

Steckbrief:
Baum: anfangs kräftig, später mittelstark wachsend – kugelige Krone mit dünnen, schwachen Trieben
Blüte: lang anhaltend, frostempfindlich, Pollenspender
Schale: Grundfarbe bei Vollreife hellgelb, Deckfarbe orangerot bis trübrot marmoriert
Frucht: mittelgroß, wegen Fruchtfalls rasch ernten, feinwürzig, edelaromatisch
Pflückreife: Ende September
Genussreife: Oktober
Haltbarkeit: bis ca. Januar

Ralf Hermann Melber, 15. Januar 2023

Gellerts Butterbirne

Gellerts Butterbirne

Da war ein Heroldinger, der ursprünglich keinen Birnengeschmack schätzte. Fruchtstücke davon im Obstkuchen sah er im Kindesalter als „notwendiges“ Übel an. Als er jedoch zum ersten Mal in seinem Leben vom Altbaum des Schrattenhofener Großvaters frische Birnen erntete, änderte sich das. Setzte er doch sein Leben in schwindelnder Höhe ein, wenn er oben auf der wackeligen Leiterkonstruktion (Marke Eigenbau) stand, während der Vater rief: „Gang nur no a weng nauf, I heb di scho!“
Wie haben diese Birnen geschmeckt – überhaupt bei Bewegung an frischer Luft! Doch um welche Sorte handelte es sich? Der Möttinger Baumschulinhaber sah sich die Frucht an, beschriftete sie mit einem Filzstift und meinte: „Dia stot übrall im Rias umanand. Dia zeigt ma am Pomologa. Der frisst da ganza Tag Äpfl ond Bira ond sagt dann, was des fr a Sort isch.“
Es stellte sich heraus, dass es sich unweigerlich um die „Gellerts Butterbirne“ handelt, die tatsächlich im Ries „umhersteht“. Ein solcher Baum ist 2022 am Wörnitzstrand in Harburg, nahe des Parkplatzes an der Grasstraße, entdeckt worden.
Wie viele andere Birnensorten, stammt die 1820 ursprünglich in Boulogne-sur-Mer gezüchtete Sorte aus Frankreich, einem Land von Feinschmeckern. 1838 landeten unbeschriftete Reiser wohl in Deutschland und erhielten von dem bedeutenden Pomologen Oberdieck den Nachnamen des Liederdichters Christian Fürchtegott Gellert. Letzterer war mit bitterer Armut vertraut und hatte doch solch ein Talent. Ebenso die nach ihm benannte Birne: Äußerlich nicht immer verlockend, gehört sie geschmacklich zu den feinsten Herbstbirnen. Sie eignet sich hervorragend als Tafelobst, aber auch zum Dörren, als Saft oder zum Einmachen. Sie heißt auch „Hardys Butterbirne“, wie sie ursprünglich nach dem Direktor des „Jardin de Luxembourg“ benannt worden ist.
Mitunter kann es sein, dass der nicht mehr selbstverständlich erhältliche Baum ein paar Jahre braucht, bis er mit dem Wachstum loslegt. Doch dann – bei entsprechendem Augenanschnitt im Spätwinter – sprosst er plötzlich nach oben mit wenigen, steilen Mittelästen. Man lasse ihm seine hochpyramidale Krone und schätze dafür die geringe Empfindlichkeit gegen Schorf. Solche Birnbäume dürfen ruhig noch mehr – und zwar nicht nur im Ries – „umanandrstanda“.

Baum: sehr starkwüchsig mit mächtiger, breiter Pyramidenform, Ertrag hoch, mitunter aber alternierend (kann sehr alt werden), Holz frosthart
Blüte: guter Pollenspender, frosthart
Schale: grünlich bis gelb, im hochreifen Zustand ocker- bis bronzefarbig
Frucht: variierende Form, gelblich-weißes Fleisch, sehr saftig, schmelzend, süß, fein-würzig
Pflückreife: ab September
Genussreife: September
Haltbarkeit: Ende Oktober

Ralf Hermann Melber, 9. September 2022

Gräfin von Paris

Gräfin von Paris

Gräfin von Paris

Birnen enthalten ebenso wie Äpfel Flavonoide. Ihr gelber Farbstoff gab diesen sekundären Pflanzenstoffen aus dem lateinischen Wort „flavus“ ihren Namen. Dabei handelt es sich um eine Untergruppe der wertvollen Polyphenole. Flavonoide senken das Risiko für bestimmte Krebs- und Herz-Kreislauf-Krankheiten. Sie wirken antioxidativ, blutdrucksenkend, antibiotisch und entzündungshemmend. Sie beeinflussen das Immunsystem und haben durch ihre neurologischen Wirkungen einen positiven Einfluss auf kognitive Fähigkeiten. Wir müssen somit nicht immer in die Ferne schweifen, wenn das Gute so nah ist.
Unter den alten Birnbäumen in Donau-Ries dürfte die „Gräfin von Paris“ als häufigste Sorte vorkommen. Ein William Fourcine züchtete sie eins im französischen Dreux und widmete sie der Comtesse de Paris. Viele gute Birnensorten verdanken wir gerade den Franzosen, doch hat der Anbau von Birnen in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg zugunsten der Importe aus dem Süden stark abgenommen. Dabei hatte der preußische Gartenkünstler Peter Joseph Lenné im 19. Jahrhundert um die 480 Birnensorten allein in Potsdam kultiviert. Birnen geraten bei uns sehr gut – auch die Gräfin von Paris, deren Qualität in kälteren oder nassen Lagen leidet und dort von einem Buchautor geschmacklich gar einmal als „bessere Rübe“ bezeichnet wurde. In unseren Breiten ist die haltbare Tafel-, Kompott- und Saftbirne aber recht gut angekommen. Erntet man sie so spät wie möglich – was je nach Jahr Ende Oktober sein kann – ist der beste Genuss sicher. Damit Herbststürme nicht über Nacht Fallobst produzieren, sollte rechtzeitig geprüft werden, ob der Stiel sich bereits leicht vom Zweig löst, um dann sogleich – beginnend auf der Sonnenseite – zu ernten. Sonnige Jahre bescheren einen feinen Geschmack. Der Baum selber ist ein guter Pollenspender, weshalb Birnbäume, die diese Eigenschaft nicht besitzen, in der Nähe eines solchen stehen sollten. Früher Ertragseintritt, hohe Ernteerträge und wenig Schorfanfälligkeit sind weitere Merkmale der „Gräfin“. Birnbäume entwickeln tatsächlich eine birnförmige Kronenform, weshalb der Mitteltrieb mit der Spitze ruhig in diesem Verhältnis zu den seitlichen Leitästen stehen sollte.
Auf städtischen Streuobstflächen ist die Sorte wie folgt nachgewiesen: Unter den ersten Bäumen, die die Obstbaumfreunde Harburg im Herbst 2022 pflanzten, wurde ein Exemplar dieser Sorte auserkoren und am Rennerspitz oberhalb des unteren Burgparkplatzes gepflanzt. Ein stattlicher Altbaum, der vor der Flurbereinigung noch einem Heroldinger Wirt gehörte, steht bei Heroldingen in Richtung Markhof. Ein weitere „Grafin von Paris“ im Heroldinger Ried wurde aufgrund der Hochzeit eines Ehepaars in Spanien von einer örtlichen Familie gespendet.

Steckbrief:
Baum: mittelstarker Wuchs, breite Pyramidenform, eher wenig Verzweigungen
Schale: grau-, später gelbgrün, sortentypische, braune Rostkappe im Kelchbereich
Blüte: früh bis mittelfrüh, guter Pollenspender
Frucht: mittelgroß bis groß, bei guter Baumlage und Jahreswitterung saftig schmelzend mit leicht würziger Säure
Pflückreife: Oktober (spät ernten)
Genussreife: ab Dezember
Haltbarkeit: mindestens Februar

Ralf Hermann Melber, 19. Februar 2023