Cox Orange

17. Jan 2023

Es gibt sicherlich genügend Menschen, die von alten Apfelsorten herzlich wenig halten. Dies kann geschmackliche oder andere Gründe haben. Bei der Cox‘ Orangerenette werden jedoch selbst unter dieser Gruppe die meisten gezwungen sein, von einem erlesenen Tafelapfel sprechen zu müssen, ist er doch unmittelbarer Vorfahre bekannter Züchtungen wie z.B. Gala, Elstar, Pinova oder Rubinette.
Doch der Reihe nach: Der Apfel Ribston Pepping gehört zu den Goldrenetten. Vermutlich aus dem Kern einer solchen Frucht zog ein gewisser Richard Cox bei London ein neues Bäumchen, und zwar 1825 in Colnbrook-Lawn. 1850 wurde der Tafelapfel eingeführt – eine absolute Weltspitzensorte, die noch heute für englische Lebensart steht wie gewisse andere Produkte für die Bayern.
Die Goldparmäne schmeckt ähnlich, aber nussiger, und wird manchmal mit Cox Orange verwechselt.
Wer schon einmal versucht hat, oben genannte Ladenäpfel in seinem Garten oder gar in einer Streuobstwiese anzubauen, wird meist auf Schwierigkeiten gestoßen sein. Kein Wunder, denn Cox Orange hat seinen Nachfahren aus dem Intensivobstanbau nicht nur hervorragende Geschmackseigenschaften vererbt: Der Baum stellt hohe Ansprüche an Boden, Klima und Lage. Zur Anfälligkeit gegen Schädlinge, Schorf, Stippe, Mehltau und Krebs gesellt sich die Notwendigkeit ordentlicher Pflege, wozu z.B. das Ausdünnen der Früchte gehört, die sich mit minderer Qualität auch dann bilden können, wenn es mit der Bestäubung nicht geklappt hat.
Als Hochstamm wird die Sorte in der Literatur wegen dieser Eigenschaften nicht empfohlen, auch nicht in Streuobstwiesen. Dem gegenüber kann sie in Gärten gut gedeihen, wie es z.B. ein stattlicher Baum in Heroldingen beweist. Auch steht nahe der Schule in Harburg am üblichen Maibaumstandort ein Cox-Orange-Baum. Vermutlich ist dort bei stellenweise frostgeschützter Lage der Boden ausreichend feucht und humusreich.
Das Geschmackserlebnis ist jedenfalls allen zu gönnen, die diese Zeilen lesen.

Steckbrief:
Baum: anfangs kräftig, später mittelstark wachsend – kugelige Krone mit dünnen, schwachen Trieben
Blüte: lang anhaltend, frostempfindlich, Pollenspender
Schale: Grundfarbe bei Vollreife hellgelb, Deckfarbe orangerot bis trübrot marmoriert
Frucht: mittelgroß, wegen Fruchtfalls rasch ernten, feinwürzig, edelaromatisch
Pflückreife: Ende September
Genussreife: Oktober
Haltbarkeit: bis ca. Januar

Ralf Hermann Melber, 15. Januar 2023