Cox Orange

Cox Orange

Es gibt sicherlich genügend Menschen, die von alten Apfelsorten herzlich wenig halten. Dies kann geschmackliche oder andere Gründe haben. Bei der Cox‘ Orangerenette werden jedoch selbst unter dieser Gruppe die meisten gezwungen sein, von einem erlesenen Tafelapfel sprechen zu müssen, ist er doch unmittelbarer Vorfahre bekannter Züchtungen wie z.B. Gala, Elstar, Pinova oder Rubinette.
Doch der Reihe nach: Der Apfel Ribston Pepping gehört zu den Goldrenetten. Vermutlich aus dem Kern einer solchen Frucht zog ein gewisser Richard Cox bei London ein neues Bäumchen, und zwar 1825 in Colnbrook-Lawn. 1850 wurde der Tafelapfel eingeführt – eine absolute Weltspitzensorte, die noch heute für englische Lebensart steht wie gewisse andere Produkte für die Bayern.
Die Goldparmäne schmeckt ähnlich, aber nussiger, und wird manchmal mit Cox Orange verwechselt.
Wer schon einmal versucht hat, oben genannte Ladenäpfel in seinem Garten oder gar in einer Streuobstwiese anzubauen, wird meist auf Schwierigkeiten gestoßen sein. Kein Wunder, denn Cox Orange hat seinen Nachfahren aus dem Intensivobstanbau nicht nur hervorragende Geschmackseigenschaften vererbt: Der Baum stellt hohe Ansprüche an Boden, Klima und Lage. Zur Anfälligkeit gegen Schädlinge, Schorf, Stippe, Mehltau und Krebs gesellt sich die Notwendigkeit ordentlicher Pflege, wozu z.B. das Ausdünnen der Früchte gehört, die sich mit minderer Qualität auch dann bilden können, wenn es mit der Bestäubung nicht geklappt hat.
Als Hochstamm wird die Sorte in der Literatur wegen dieser Eigenschaften nicht empfohlen, auch nicht in Streuobstwiesen. Dem gegenüber kann sie in Gärten gut gedeihen, wie es z.B. ein stattlicher Baum in Heroldingen beweist. Auch steht nahe der Schule in Harburg am üblichen Maibaumstandort ein Cox-Orange-Baum. Vermutlich ist dort bei stellenweise frostgeschützter Lage der Boden ausreichend feucht und humusreich.
Das Geschmackserlebnis ist jedenfalls allen zu gönnen, die diese Zeilen lesen.

Steckbrief:
Baum: anfangs kräftig, später mittelstark wachsend – kugelige Krone mit dünnen, schwachen Trieben
Blüte: lang anhaltend, frostempfindlich, Pollenspender
Schale: Grundfarbe bei Vollreife hellgelb, Deckfarbe orangerot bis trübrot marmoriert
Frucht: mittelgroß, wegen Fruchtfalls rasch ernten, feinwürzig, edelaromatisch
Pflückreife: Ende September
Genussreife: Oktober
Haltbarkeit: bis ca. Januar

Ralf Hermann Melber, 15. Januar 2023

Erbachhofer Weinapfel

Erbachhofer Weinapfel

Seit 2021 laufen verstärkt Bemühungen, die Sorten des kommunalen Obstbaumbestands in der Kernstadt Harburgs zu bestimmen. Einige Bäume stehen direkt an der dortigen Grund- und Mittelschule. Mitunter richten die Lehrkräfte ihr Augenmerk darauf, den Schulkindern möglichst Praxiswissen zu vermitteln. So ernteten sie drei Apfelbäume gleicher Sorte ab, um zu beobachten, wie die Früchte in einer Obstpresse zu Apfelsaft werden.
Die Harburger Obstbaumfreunde möchten endlich wissen, welche Schätze eigentlich in ihrem Bereich schlummern. Bei diesen drei Bäumen liegt das Ergebnis vor: Sie tragen den Erbachhofer Weinapfel, von dem man annimmt, dass er vielleicht aus dem Sauerland stammt. An Mosel und Saar – besonders im westlichen Saarland – ist die Sorte sehr häufig kartiert worden. Die Baumschule Fey in Meckenheim (nicht zu verwechseln mit der Baumschule Ley am selben Ort) brachte die Sorte – vermutlich eine Verbesserung des „Trierer Weinapfels“ – 1925 in den Handel. In Nordschwaben handelt es sich beim „Erbachhofer Mostapfel“, wie er auch heißt, offenbar um eine seltene Sorte.
Dabei hat man schon vor 1950 festgestellt, dass der Saft- und Mostapfel robust und eine gute Alternative zum schorfanfälligen Trierer Weinapfel ist, wovon noch Dutzende im Landkreis zu finden sind. Mag der Erbachhofer auch ein kleiner Apfel sein, so sind seine 58° Oechsle (Mostgewichtseinheit) doch eine gute Voraussetzung für die Verwertung. Ob die drei Bäume in Harburg unbewusst oder doch von einem absoluten Kenner gepflanzt worden sind? Jedenfalls ist der Pflegeaufwand bei dieser Sorte gering. Zudem dürfte sie mit ihren guten Pollenspendereigenschaften positive Auswirkungen auf den Ertrag der umliegenden Apfelbäume haben.
Ganz in der Nähe steht alljährlich der Maibaum der Stadt Harburg, geschmückt vom dortigen Obst- und Gartenbauverein, der mittlerweile 100 Jahre besteht. Kleine Obstbäumchen mit Sprüchen und lustigen Informationen zum unschätzbaren Wert der Honigbiene umgaben den Maibaum während seiner diesjährigen Standzeit. Somit haben alle, die in dieser Schule lernen, gesehen, dass Obst nicht im Supermarkt wächst.

Steckbrief:
Baum: mittelstarker Wuchs, hochkugelig, beansprucht guten Boden und warme Lage, sehr fruchtbar, alternierend (alle zwei Jahre ertragsaussetzend) ohne Regulierung
Blüte: mittelfrüh, frostempfindlich, guter Pollenspender
Schale: dunkelrot, teil leicht gestreift, wachsig
Frucht: teils (spitz-)kegelig, klein, saftig, süßsäuerlich bis leicht herb
Pflückreife: ab Ende September
Genussreife: ab Oktober vom Baum
Haltbarkeit: bis März

Ralf Hermann Melber, 15. Mai 2022

Galloway Pepping

Galloway Pepping

Auch in unserer Gegend weiden Galloway-Rinder, die helfen, unsere Natur- und Kulturflächen zu erhalten. Das Fleisch wird meist direkt und regional vermarktet. Wer Regionales einkauft und verzehrt, jedoch als Vegetarier oder Veganer darauf verzichten will, kann trotzdem „echte Galloways“ essen. Sie stammen ursprünglich ebenso wie die robusten Rinder aus der Gegend in Schottland, wonach sie benannt sind.
Zu einer vollwertigen Ernährung trägt der Galloway Pepping, der Mitte des 19. Jahrhunderts auf der britischen Insel entdeckt worden ist, allemal bei. 1871, im Jahr des deutsch-französischen Kriegs zur Bismarck-Zeit, stellte die „Royal Horticultural Society“ die Sorte in London vor. Danach verbreitete sie sich allmählich bis hierher. Einer der vereinzelt vorzufindenden Bäume, die einen ebenso robusten Charakter wie die Rinder aus dem selben Ursprungsland haben, steht mittlerweile als Jungbaum am „Rennerspitz“ in Harburg.
Die Sorte trägt in der Regel früh und reichlich, auch wenn sie wegen „Alternanz“ abwechselt, d.h. sie schafft es im Apfeljahr nicht, ausreichend Blütenknospen für das Folgejahr zu bilden. Knipst man davon etliche ab, kann evtl. ein gewisser jährlicher Ertrag herauskommen. Galloway Pepping wächst in jungen Jahren stark, ab dem ersten Ertragsjahr schwächer. Da er eher mittelspät blüht, könnten manche Spätfröstschäden umgangen werden. Die Blüte selbst ist eher witterungsunempfindlich. Weil die Frucht im Herbst nicht so fest hängt, bieten sich windgeschützte Lagen an. Der Galloway Pepping muss wie jeder andere Baum bei Unternutzung durch Weidetiere ausreichend geschützt sein. Ziegen und Pferde setzen Baumrinden oft am meisten zu, aber auch bei Schafen und Rindern sind besonders Jungbäume unbedingt mit geeignetem Wildschutz zu versehen. Außerdem wird gerade bei Ausgleichspflanzungen oft keine Baumscheibe erhalten, konkurrierendes Gras entfernt oder gegossen. Jährlicher Erziehungsschnitt ist ohnehin ein Muss. Galloway-Rinder unter einem Galloway-Apfelbaum hätten sicher etwas für sich – wegen des Namens, aber auch, weil wurzelschädigende Wühlmäuse das Weite suchen.

Steckbrief:
Baum: in der Jugend starker Wuchs, eher lichtere Krone, Holz auch in Tälern frosthart, für Höhenlagen geeignet, leicht feuchte Böden von Vorteil
Blüte: schlechter Pollenspender, mittelspät, witterungsunempfindlich
Schale: fast glatt, grünlich-gelb, zahlreiche Punkte
Frucht: duftend, flachrund, ziemlich saftig, angenehm gewürzt, ausreichend süß
Pflückreife: ab Ende September (nicht windfest, daher rechtzeitig ernten)
Genussreife: ab Oktober vom Baum
Haltbarkeit: mitunter bis April

Ralf Hermann Melber, 6. März 2024