Transparent aus Croncels

Transparent aus Croncels

 

Der Sonderhof dürfte so ziemlich die geografische Mitte des Landkreises bilden. Dort und besonders bei Heroldingen findet man überdurchschnittliche Bestände eines im Volksmund genannten „Zitronenapfels“. An dieser Stelle soll transparent gemacht werden, was den „Transparent aus Croncels“ aus dem Jahr 1869 weiterempfiehlt. Warum sollte der Apfel, von einer Baumschule Baltet aus Croncels bei Troyes (Frankreich) stammend, in seinem Bestand mittels Nachpflanzung gesichert werden?
Reif im September geerntet verfügt die Frucht mit ca. 26 mg/100 g immerhin über die Hälfte des Vitamin-C-Gehalts einer Orange und ist damit führend unter den allermeisten Apfelsorten. Findige Bäckereien suchen den Apfel, der besonders in der Landkreismitte noch auf sehr alten Bäumen gedeiht, fürs Kuchenbacken. „Glas- oder Eisapfel“ heißt er auch. Für den Autor gehört der erste Biss in den Apfel, dessen Geschmack etwa an Zitroneneis erinnert, zu einem Höhepunkt des Erntejahres. Denn er ist einer seiner absoluten Lieblingsäpfel. Geschmacklicher Hochgenuss als Tafel- und Wirtschaftsfrucht wird heute wegen der Druckempfindlichkeit und kurzen Haltbarkeit im Handel grundsätzlich nicht mehr wertgeschätzt. Aromatischer Frischverzehr empfiehlt den Baum sogar für Privatgärten. Weil der Transparent aus Croncels, von dem vermutet wird, dass er aus einem Antonowka-Sämling hervorgegangen ist, zu Vorerntefruchtfall neigt, ist darauf zu achten, ihn nicht zu früh zu ernten. Grüne Früchte reifen bei dieser Sorte nämlich nicht nach.
Bereits Sekunden nach Anschnitt färbt sich das reife Fruchtfleisch braun, weil der Transparent u.v.a nur so mit sekundären Pflanzenstoffen strotzt.
Der Baum wächst zumindest mittelstark, verzweigt sich und bildet reichlich Fruchtholz, weshalb regelmäßiger Ertrag selbst an langen, ein- bis zweijährigen Trieben sichergestellt ist. Sorgsamer Aufbau- und Überwachungsschnitt macht sich hier bezahlt.
Beim Autor gehört hinsichtlich der Nachfrage nach Edelreisern seitens Interessierter der Transparent aus Croncels zur beliebtesten Sorte.

Steckbrief:
Baum: anfangs starker, dann mittelstarker, kugeliger Wuchs, bevorzugt trockene und mildere Lagen
Blüte: früh, guter Pollenspender
Schale: grünlich weiß, später weißgelb, manchmal schwach orangerot angehaucht
Frucht: mittelgroß bis groß, Fruchtfleisch gelblich-weiß bis cremefarben, sehr aromatischer, mildsäuerlich schmeckender Tafel- und Wirtschaftsapfel
Pflückreife: ab Ende August
Genussreife: September
Haltbarkeit: bis Oktober

Ralf Hermann Melber, 13. Dezember 2022

Wettringer Taubenapfel

Wettringer Taubenapfel

Unweit des Wellwart-Felsens und der Straße von Harburg nach Brünsee befindet sich die Kläranlage der Stadt. Daneben stehen einige Obstbäume, von denen einer als „Wettringer Taubenapfel“ bestimmt werden konnte.
Wettringen? Richtig, diesen Ortsnamen liest man an einer Ausfahrt an der A7 unweit von Rothenburg ob der Tauber.
Ende des 19. Jahrhunderts fand irgendjemand diesen Vertreter der historischen Taubenäpfelgruppe. Ab 1930 ist von einer stärkeren Verbreitung die Rede. Diese ist im Landkreis Donau-Ries ungebrochen: Auf Ausgleichsflächen (z.B. bei Spielberg) und an Straßenrändern sind problemlos Bäume dieser Art mit typischen roten, kegelförmigen Früchten zu finden.
Warum ist dieser selbst als Halbstamm wüchsige Baum auch in einem Hausgarten in Lierheim zu finden?
Ein Grund könnte darin bestehen, dass Apfelbäume mit Abstand an erster Stelle bei der Auswahl einer Baumpflanzung im eigenen Garten in Frage kommen. Die Umfrage eines weltberühmten Motorsägenherstellers kam 2021 zu diesem Ergebnis. Es heißt dort auch, dass in 63 Prozent deutscher Gärten mit Baumbestand mindestens ein Apfelbaum steht.
Die Regionalsorte aus Franken verdient sicher vermehrt Aufmerksamkeit – nicht nur, weil sie nahe der Romantischen Straße entstanden ist. Ein robuster Baum mit später Blüte und kräftigem Wuchs ist prädestiniert für den Anbau auf regionalen Streuobstwiesen. Diese Apfelbäume kommen auffallend früh in den Ertrag und sind nicht „alternierend“, d.h. sie haben Kraft, grundsätzlich auch im Folgejahr zu blühen und bei entsprechender Bestäubung Früchte zu bilden. Bäume, die nicht nur alle zwei Jahre blühen, werden natürlich von Bienen, Hummeln usw. umso mehr begrüßt. Wenn sie dann im Alter auch einmal Astlöcher oder löchriges Totholz aufweisen, wird achtsame Baumpflege ihren Beitrag zum Tierartenschutz liefern – nicht nur, weil der Gesetzgeber dahinter ist.
Weil das Holz des Wettringer Taubenapfelbaums auch noch frosthart ist, dürfte selbst in scheinbar ungünstigen Lagen um Harburg herum einem breiten Anbau nichts im Weg stehen.

Steckbrief:
Baum: starkwüchsig, Krone hochgehend, später hängend und ausladend, Holz frosthart
Blüte: spät, frosthart, Pollenspender
Schale: Deckfarbe dunkelrosa verwaschen, wachsig, bläulich bereift
Frucht: mittelgroß, langer Stiel, Fleisch weißgrünlich, mäßig saftig, schwach süßsäuerlich (Tafel- und Wirtschaftsapfel)
Pflückreife: September
Genussreife: September
Haltbarkeit: Dezember

Ralf Hermann Melber ist Mitglied im Deutschen Pomologenverein und Obstbaumpfleger.

Ralf Hermann Melber, 6. November 2022