Im wasserreichen Boden nahe der Heroldinger Riedquellen steht noch ein vergreister Baum des Roten Trierer Weinapfels an einem Waldrand. Seit vielen Jahrzehnten trägt er regelmäßig und reichlich seine Saft- und Mostäpfel, die mitunter bis Dezember auf dem Baum hängen können.
Im Landkreis gibt es noch relativ viele Bäume davon. Einem davon widmeten sich die Harburger Obstbaumfreunde am „Rennerspitz“ unweit der Burg in Richtung Schaffhausen. War das Exemplar schon sehr verkommen, ist durch einen sehr gelungenen Schnitt wieder ein relativ vitaler Altbaum entstanden.
Wie der Name verrät, ist die Sorte aus einem Apfelkern als Sämling im Raum Trier entstanden. 1872, also kurz nach dem deutsch-französischen Krieg 1870/71, ist sie erstmals beschrieben worden. Ausgehend vom Entstehungsort pflanzte man sie in Luxemburg, Frankreich, Österreich, West- und Süddeutschland sowie in der Schweiz.
Was waren wohl die Gründe dafür, dass man sich dafür begeisterte? Neben der relativen Ertragssicherheit dürfte die lange Lagerfähigkeit eine Rolle gespielt haben. Weil sie vielerorts Probleme mit Schorf bekommt und die Früchte häufig klein ausfallen, halten sich die heutigen Empfehlungen in Grenzen. Gute Standorte und entsprechend ausreichende Pflege sind sicherlich eine Hilfe. Gerade in großen Streuobstbeständen hat der Rote Trierer durchaus noch seine Berechtigung, weil es sich wohl um einen guten Pollenspender handelt. In Jahren mit mäßigem Obstertrag kann es an diesen Bäumen etliche Äpfel geben, um sie dann umso mehr wertzuschätzen. Schließlich blüht die Sorte sehr spät. Ein Ausfall kann zu erwarten sein, wenn im Jahr davor extrem viele Früchte auf dem Baum hingen.
Mit dem Erbachhofer Weinapfel, der direkt an der Harburger Schule z.B. von den Kinder geerntet werden kann, kann der Rote Tierer Weinapfel leicht verwechselt werden, mitunter auch mit den Öhringer Blutstreifling.
Man sollte sich nichts vormachen: Der Erhalt des Roten Trierer Weinapfels ist mit einem gewissen Arbeitsaufwand verbunden, der eine gewisse Liebe zur Sache erfordert. Dennoch hat auch dieser Sorte neben ihren teils scheinbaren Nachteilen doch ihre Vorteile und verdient es heute noch, in so manche Streuobstwiesenplanung mit einbezogen zu werden. In Harburg hat man sich jedenfalls bewusst für den Erhalt im Bestand entschlossen.
Steckbrief:
Baum: erst starker, später schwächerer Wuchs; will gute Böden mit genügend Wasser und Weinbauklima
Blüte: sehr spät, diploid
Schale: bräunlich-rot verwaschen-streifig bei gelblich-grüner Grundfarbe
Frucht: klein; festes, überwiegend säuerliches, etwas herbes Fruchtfleisch
Pflückreife: ab Oktober (möglichst spät ernten)
Genussreife: ca. November
Haltbarkeit: April
Ralf Hermann Melber, 8. Februar 2025