Goldrenette aus Blenheim

16. Jan 2023

Goldrenette aus Blenheim

In Schlachten auf dem Schellenberg und bei Höchstädt 1704 siegte der Herzog von Marlborough aus England. Im Englischen benennt man die Höchstädt-Schlacht nach dem nahen Blindheim: „Battle of Blenheim“. Doch es gibt ein echtes „Blenheim“. Im Schlosspark jenes Herzogs im englischen Woodstock wurde 1740 erstmals eine bestimmte Apfelsorte gefunden. Benannt wurde sie nach dem benachbarten Landsitz: Die „Goldrenette aus Blenheim“ war geboren. Sie ist mit der Zeit auch in Deutschland heimisch geworden und wird nach wie vor von Baumschulen vertrieben.
Eigentlich braucht ein Apfelbaum dieser Sorte keine allzu häufigen Schnittmaßnahmen. Genau diesen sah sich seit Mitte der Jahrtausenderwende aber ein Exemplar in Heroldingen ausgesetzt, weil sich abwechselnd verschiedene Baumschneider mit gegensätzlicher Ausrichtung daran machten. An dieser Stelle sei erwähnt, dass es kein häufiges Erlebnis ist, zwei Baumpfleger, die sich einig sind, auf einmal anzutreffen. Tatsächlich gibt es verschiedene Kronenerziehungsformen, etwa den alten Etagenschnitt, wo nicht nur die unteren Leitäste dominieren. Dagegen schwappte aus der Schweiz die durchaus sinnvolle Erziehung einer „Oeschbergkrone“ herüber, die von starken, unteren Leitästen und einem noch stärkeren, gerade nach oben verlaufenden Hauptast geprägt ist, entlang dessen sich „Trittäste“ mit reichlich Fruchtholz bilden. „Du defsch dean fei net so auslada lossa“, monierte einer. Doch ein anderer stellte fest, dass die Goldrenette von Blenheim naturgegeben breit ausladend wächst, dazu stark und gut verzweigend. Wer den Platz für einen entsprechenden Baum nicht hat, sollte sich für eine andere Sorte entscheiden, anstatt ständig gegen die Natur zu kämpfen und Wasserschosse zu produzieren. Gerade triploide Sorten (schlechte Pollenspender) wachsen meist stark.
Der Baum wünscht einen warmen Platz und keine schweren Böden. Auf den meisten Standorten trägt er nicht viel, weshalb eine geschützte Lage in Kombination mit richtiger Pflege eher die gewünschten Ergebnisse bringt. Die Frucht ist nämlich sehr aromatisch mit walnussartigem Geschmack.

Steckbrief:
Baum: stark und ausladend wachsend, nährstoffreicher, kräftiger Boden nötig, später Ertrag, krebsanfällig, kaum Schorf (Äste gut auslichten und freistellen)
Blüte: mittelfrüh, witterungsempfindlich, triploid
Schale: ledrig, trocken, matt- bis trübrot, zahlreiche Schalenpunkte
Frucht: relativ groß, wenig saftig, typische Würze, nussig-edler Geschmack
Pflückreife: Anfang Oktober
Genussreife: ab November
Haltbarkeit: mitunter bis März

Ralf Hermann Melber, 15. Mai 2022