Die grünen Zweige mit den weißen Beeren schmücken in der Advents- und Weihnachtszeit Türeingänge und Gestecke. In Großbritannien gibt es am 1. Dezember sogar einen Mistelzwei-Tag. „Kaum eine Pflanze ist so mystisch und so beliebt in der Weihnachtszeit wie die Mistel“, sagen die Experten der Bayerischen Gartenakademie, „doch sie bereitet teilweise auch Probleme“.
Bei Spaziergängen durch die Landschaft entdeckt man die Misteln an den Naturstandorten. Hoch oben in den Bäumen sitzend fallen sie auf: grüne kugelige Gebilde in den sonst kahlen Gehölzen.
Die Mistel – mystischer Sympathieträger
Der besondere Wuchs und die im Dezember reifenden Beeren machten die Mistel schon vor Jahrhunderten interessant. So ist sie Heilpflanze, soll Böses fernhalten und Glück bescheren. In der Advents- und Weihnachtszeit gilt die Pflanze mit ihren grünen Blättern auch heute noch als Zeichen des Friedens und des Glücks, wo doch sonst alles grau und trist erscheint. Häufig findet man die Mistel nun aufgehängt an Hauseingängen oder in anderen weihnachtlichen Dekorationen.
Die Mistel – botanische Besonderheit
Misteln sind sogenannte Halbschmarotzer. Mit Saugorganen (Haustorien) setzen sie sich am Gehölz fest und nehmen so Wasser und gelöste Nährsalze von der Wirtspflanze auf. Mit ihren grünen Blättern betreibt die wurzellose Mistel jedoch selbständig Fotosynthese.
Man unterschiedet die Misteln (Viscum) nach ihren Wirtsbäumen: Tannen-Mistel, Kiefern-Mistel und Laubholz-Mistel. Die bei uns häufigste Mistel ist die Laubholz-Mistel oder auch Weißbeerige Mistel (Viscum album), die als einzige reinweiße Beeren besitzt. Man findet sie auf Obstbäumen (vor allem Apfel und Birne), aber auch auf Weide, Pappel, Weißdorn, Hasel, Robinie, Birke, Hainbuche, Linde und Ahorn.
Die Mistel ist zweihäusig: sie besitzt getrennte männliche und weibliche Blüten auf verschiedenen Pflanzen. Im März und April öffnen sich die unscheinbaren, gelben Blüten. Nach der Bestäubung, meist durch Fliegen, reifen bis zum Winter an den weiblichen Pflanzen die kugeligen und giftigen Beeren heran. Vögel fressen die Früchte gern und sorgen so für die Verbreitung. Entweder kleben Beeren(teile) am Schnabel und werden später am Wirtsbaum abgestreift oder die Tiere scheiden die unverdauten Samen aus, die aufgrund ihres umhüllenden klebrigen Schleims an den Ästen hängen bleiben. Bis sich eine imposantes kugelige Mistel-Pflanze im Baum entwickelt hat vergehen viele Jahre.
Zunächst bilden die Samen Haftscheiben, bevor sie nach weiteren Monaten in das Holz des Wirtsbaumes dringt. So bleibt die Mistel das erste Jahr meist unbeachtet am und im Baum. Erst nach einem oder zwei weiteren Jahren bricht die Mistel dann mit ihrem ersten Trieb und Blatt nach außen. Und auch dann wächst die Mistel sehr langsam und bildet jedes Jahr nur eine Verzweigung mit einem Blattpaar. Wer von seinem Baum „ernten“ möchte braucht also Geduld. Und um immer wieder ernten zu können pflückt man nicht alle Triebe weg, sondern immer nur wenige Verzweigungen.
Die Mistel – ein Problemfall?
Misteln treten immer häufiger auf. Gerade jetzt sieht man manche Bäume dicht mit den grünen Büschen besetzt. Möglicherweise sind es klimatische Veränderungen mit langen Trockenperioden, die die Wirtspflanzen schwächen und dadurch anfälliger für verschiedene Krankheiten und Schädlinge und auch für diese Halbschmarotzer machen.
In der Regel kommt ein gesunder und wüchsiger Baum gut mit dem Befall von einzelnen Misteln zurecht. Bei stärkerem Befall können die Äste brüchig werden und schließlich die Bäume absterben. Ebenso kann die Wüchsigkeit der Bäume reduziert sein, der Ertrag bei Obstbäumen sinken und schließlich ausbleiben. Auffallend ist die Verbreitung der Mistel auf vernachlässigten Obstbäumen und in wenig gepflegten Streuobstwiesen. Der Baumpflege ist also mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Da die Mistel sehr langsam wächst hilft auch schon das regelmäßige Wegschneiden und Abbrechen der Mistelteile beim Baumschnitt, um die Verbreitung und Vermehrung einzudämmen. Um jedoch die Mistel nachhaltig zu entfernen, müssen größere Schnittmaßnahmen ins gesunde Holz durchgeführt oder befallene Äste abgeschnitten werden.
(Bilder: Verschiedene Autoren © Bayerische Gartenakademie an der LWG Veitshöchheim)
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Bilder und Text: © Bayerische Gartenakademie an der LWG Veitshöchheim, mit freundlicher Genehmigung