Gewürzluike

16. Jan 2023

Die Nördlinger Tafel bekommt die gegenwärtige Lage sehr zu spüren: Obst wird knapper, von Supermärkten bleibt weniger für sie übrig. Gleichzeitig vergammeln Früchte selbst auf oder unter Bäumen mit gelbem Band. Manche, die Streuobstwiesen besitzen, wissen nicht, wohin mit dem vielen Obst.
Dies hat einen Nördlinger dazu animiert, Zeit und Kräfte aufzubieten, um von oftmals reich tragenden öffentlichen und privaten Bäumen Früchte zu ernten, um sie der Nördlinger Tafel zukommen zu lassen. Dort erhalten Bedürftige Früchte, die in den pomologischen Büchern buchstäblich als Tafelobst geführt werden – sprich, auch für den Frischverzehr geeignet sind.
Einen guten Fang machte besagter Bürger in Kleinerdlingen mit einer Gewürzluike, die sich auch für Most eignet. Wie zahlreiche in dieser Zeitung vorgestellte Sorten ist auch diese Sorte ursprünglich aus einem Sämling entstanden. Seit ca. 1885 fand sie aus Richtung Nordwürttemberg den Weg u.v.a. in den heutigen Landkreis Donau-Ries. Meist sind gesunde Bäume anzutreffen, doch in Harburgs hochgelegener Stadelhofsiedlung hat ein Baum Spitzendürre. Dies ist auf die Neigung zu Holzfrost zurückzuführen. Wärmere und mittlere Lagen sind somit angeraten. Die meist roten Früchte mit oft typischen Streifen schmecken nur in kühlen Gegenden grasig. Ansonsten ist ein gutes Geschmackserlebnis garantiert. Die Früchte sind kaum mit anderen zu verwechseln, außer mit dem Luikenapfel, aus dem wiederum viele Sämlinge hervorgegangen sind, die schwer voneinander zu unterscheiden sind.
Kommunen, die darauf wert legen, dass das Obst der Bäume auf Bürgerakzeptanz stößt, sind gut beraten, auf Sorten zu setzen, die vielfach verwendet werden können. Dann werden Versteigerungsaktionen oder gelbe Bänder eher ihren Zweck erfüllen. Mit der Gewürzluike soll nicht nur die Nördlinger Tafel Äpfel bekommen, die ernährungsphysiologisch von keinem Lebensmittelgeschäft übertroffen werden. Deshalb haben die Obstbaumfreunde 2023 bei einer Neupflanzung am Rennerspitz nahe der Harburg diese Sorte mit ausgewählt.

Steckbrief:
Baum: Wuchs mittelstark, gut verzweigend, dichte, runde Krone – regelmäßig auszulichten, auf nassen Böden krebsanfällig, Holz empfindlich gegen Frost
Blüte: spät, lang anhaltend, Pollenspender
Schale: bei Reife gelb mit kräftigen, dunkel- bis braunroten Streifen
Frucht: Fleisch grünlich weiß, frisch saftig, angenehm säuerlich und würzig
Pflückreife: ab Mitte Oktober
Genussreife: Oktober
Haltbarkeit: März

Ralf Hermann Melber, 27. Mai 2023